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Die ersten 100 Tage

Interview mit dem neuen Chefarzt für Orthopädie der Federseeklinik in Bad Buchau

Die ersten 100 Tage

Seit dem 2. Januar 2024 bekleidet Prof. Dr. med. Diethard M. Usinger die Chefarztposition im Bereich Orthopädie und Unfallchirurgie der Federseeklinik in Bad Buchau. Nach mehr als 100 Tagen im Amt wird es Zeit, einmal bei Professor Usinger nachzufragen.

Herr Professor Usinger, Sie haben zwischenzeitlich die ersten 100 Tage nach Ihrem Dienstantritt hinter sich gebracht. Wie ist es Ihnen bisher ergangen?

Usinger: Ich wurde von allen Fachabteilungen sehr herzlich aufgenommen. Beeindruckt war ich von der Offenheit und Ehrlichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mich klar in meine neue Aufgabe begleitet haben. Als neuer Chefarzt werden mir selbstverständlich Wünsche für die weitere Ausrichtung und Entwicklung der Klinik mitgeteilt. Es wurden zahlreiche Gespräche auf allen Ebenen geführt und auch kritische Anmerkungen zu Entwicklungen in der Vergangenheit. Mit einer offenen Gesprächskultur kann man die Dinge angehen und meistern. Die Aufgaben sind lösbar und hierzu muss ich die Erfahrungen vor Ort sinnvoll nutzen. In zahlreichen Rehabilitationseinrichtungen sind die Fragen ähnlich präsent. Ich bin seit 20 Jahren in der Rehabilitation tätig und kenne die Herausforderungen. Manchmal bedarf es diverser Anstrengungen, aber das erzielte gute Ergebnis ist ein schöner Lohn. Mir macht die Arbeit Spaß und ich gehe abends mit einem zufriedenen Lächeln aus der Klinik.

Was war eine der ersten Aufgaben in dieser Zeit und was konnten Sie erreichen?

Usinger: Im medizinisch-therapeutischen Bereich kommen immer mehr „patientenferne“ Aufgaben auf uns zu. Der Dokumentations- und Nachweiswahnsinn raubt uns wertvolle Zeit für die Arbeit am Patienten. Insofern gilt es hier die Prozesse zu analysieren, um einen Doppelaufwand zu vermeiden. Alle Berufsgruppen sind in irgendeiner Form beteiligt. Natürlich ist die IT-Abteilung ein zentraler Ansprechpartner, um die Dokumentation zu verschlanken und auch mittels moderner Technik wie Spracherkennung die Ressourcen zu bündeln.

Ein zeitnahes Ziel wird es sein, den Rehabilitanden bereits am Entlassungstag den endgültigen Bericht mitzugeben. In einigen Bereichen können wir dies schon und liegen mit einer durchschnittlichen Brieflaufzeit von 4 Tagen deutlich unter denen von Mitbewerbern. Die Entlassungsberichte müssen den Qualitätsansprüchen der Kostenträger entsprechen und sind nicht mit den Entlassungsbriefen aus dem orthopädischen Akut-Krankenhaus vergleichbar. Häufig müssen durch uns berufliche Leistungsbilder definiert werden, die sich daraus ergebenden Konsequenzen besprochen und schon teilweise organisiert werden.

Also zusammengefasst, muss eine Effizienzsteigerung im Bereich der Dokumentation stattfinden, indem man die erhobenen Daten bündelt und jeder, schnellen und einfachen Zugriff darauf hat?

Usinger: Richtig. In meinem früheren beruflichen Tätigkeitsfeld haben wir dieses erzielt und dies wird auch hier gelingen. Solche Aufgaben sind aber nur realisierbar, wenn Sie mit einer zuverlässigen Mannschaft arbeiten, die sie entlastet, unterstützt und den Rücken frei hält. Das ist hier bestens erfüllt.

Das klingt nach einer Mammutaufgabe. Waren bei Ihrem Beginn Strukturen vorhanden, die bereits sehr gut organisiert und leistungsfähig waren?

Usinger: Wir müssen auf den unterschiedlichen Ebenen individuell auf die Fähigkeits- und Funktionsstörungen unserer Patientinnen und Patienten eingehen, um ein sehr gut abgestimmtes und erfolgreiches therapeutisches Ergebnis zu erzielen, und dieses läuft in der Federseeklinik wie „geschnitten Brot“. Ich darf mit Stolz sagen, dass hier ein hohes Maß an Professionalität besteht. 

Hierzu gehört als unverzichtbarer Garant der Mensch. Wir behandeln Menschen mit ganz unterschiedlichen Ängsten und Nöten. Daher ist der empathische und wertschätzende Umgang ein absolut zentraler Faktor. Dieses spiegelt sich auch in unseren Wartezeiten von bis zu 5 Monaten wieder – die Klinik ist gefragt. Unsere Telefonzentrale und Patientenannahme wird täglich mit bis zu 1000 Telefonanrufen konfrontiert. Mein Dank gilt der gesamten Mannschaft der Klinik vom Reinigungspersonal über die Rezeption, die Therapie, die Pflege, den Service, die Verwaltung, die Haustechnik und das ärztliche Personal.

Was finden Sie an Ihrer Arbeit in der Federseeklinik besonders positiv?

Usinger: Ärztliche Tätigkeit bedeutet in der Rehabilitation auch Diagnostik. Unter dem Kostendruck wird leider in vielen Kliniken keine größere Diagnostik mehr durchgeführt. Durch unsere enge Verzahnung mit dem Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung der Uni Ulm (IFR) und als Leistungserbringer im Bereich Betriebliches Gesundheitsmanagement für externe Firmen, verfügen wir über ein sehr großes Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. Diese gestalten die ärztliche und medizinische Arbeit spannender und befriedigender. Aktuell wird ein neues hochmodernes digitales Röntgengerät eingebaut. Überlegungen zur Erweiterung mit modernen Therapiegeräten sind im Gange. 

In den Räumlichkeiten der Federseeklinik bieten Sie auch eine privatärztliche Sprechstunde für ambulante Patienten an. Wie läuft das?

In meiner privatärztlichen Ambulanz erhalten Patienten mit orthopädischen Problemen eine individuelle und umfassende Beratung. Durch meine langjährige Erfahrung als Orthopäde kann ich gezielt auf die Bedürfnisse und Beschwerden der Patienten eingehen und maßgeschneiderte Behandlungskonzepte entwickeln. Ich freue mich natürlich auch darüber, dass zunehmend Menschen mit orthopädischen Problemen meine ambulante Sprechstunde aufsuchen, um meinen ärztlichen Rat und Empfehlungen einzuholen.

Was sind Ihre weiteren Ziele für die nächsten Jahre?

Usinger: Entschlackung und Effizienzsteigerung der medizinisch-verwalterischen Prozesse, Verbesserung der Nutzung digitaler Systeme, Implementierung und Ausbau von computerisierten Übungsmöglichkeiten und deren Fortsetzung nach Beendigung der Rehabilitation. Eine enge Zusammenarbeit mit dem IFR und somit eine schnelle Umsetzung der wissenschaftlichen Erkenntnissen. Der Ausbau der Klinik als Einrichtung für studentische Lehre und der Ausbau der Osteologie. Sie sehen, es bestehen zahlreiche Ziele, die in ihrer Realisierung natürlich etwas Zeit benötigen und schrittweise sinnvoll abgearbeitet werden. 

Wir danken für das Gespräch und Ihre Zeit und hoffen, dass Sie all ihre Ideen voranbringen werden. Möchten Sie abschließend noch etwas sagen?

Usinger: Ja, mir ist es wichtig, dass neben der allgemeinen Technisierung, unsere gesamte Aufmerksamkeit darauf ausgerichtet sein muss, dass wir hilfsbedürftige Menschen betreuen, keine Patientennummern verwalten und es die Maßgabe sein muss, dass wir uns so um unsere Patientinnen und Patienten kümmern, wie wir es uns bei der Betreuung unserer eigenen Angehörigen wünschen würden.

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